Terzo Bacino, zwischen Land und Lagune
Jedes Frühjahr kehre ich zurück und jeden Herbst gehe ich wieder. Das mache ich seit Jahren so. Das sind ungefähr 7 Monate, mehr oder weniger 30 Wochen, fast 210 Tage. Auch wenn es nicht so scheint, ich sehe viele Dinge hier.
Früher kamen nur wenige Menschen in diese Gegend, vor allem Bauern, die auf den Feldern arbeiteten, und nur wenige Touristen verirrten sich bis hierher. Und jedes Mal fragte ich mich, warum es nur so wenige waren. Die Luft, die mit dem Morgen- und Abendwind vom Meer zu mir kam, gab mir die Antwort. Aber sie überzeugte mich nicht.
Ich bin die Erste, die stundenlang bewegungslos die Sonne genießt. Ich kann die Menschen, die auf der Suche nach Sand und Wellen aus der Stadt und entfernten Ländern kommen, gut verstehen. Aber Bibione ist nicht nur dort, man kann es auch hinter sich, hinter den Wohnungen, Geschäften und Restaurants finden.
Bibione ist eine ganze Welt. Hier gibt es Dünen, Pinienwälder, Land und Lagunen, die in der Landschaft des Terzo Bacino einträchtig nebeneinander leben. Die Zugvögel wissen das sehr gut, aber ebenso die Vögel, die bleiben, auch nachdem ich gegangen bin. Sie öffnen ihre Schwingen und fliegen ungehindert über die bestellten Felder oder lassen sich auf einem Pfahl nieder und überblicken stolz auf der einen Seite das Königreich des Salzwassers und auf der anderen das Reich, das der Mensch durch die Trockenlegung der Sümpfe dem Wasser entrissen hat.
Seit einiger Zeit wissen das auch die Fotografen, die auf die Dämme steigen und auf das Licht der Morgendämmerung oder des Sonnenuntergangs warten oder hoffen, den Blick eines Reihers zu erhaschen, der über einer Fischerhütte zu schweben scheint. Und das wissen auch die Liebhaber der einfachen und ruhigen Natur, die keine großen Anstrengungen fordert, sondern stets demjenigen heitere Ruhe schenkt, der zu viel Asphalt und Beton gesehen hat, der zu viele Stunden vor dem Computer verbracht hat.
Man muss nur die Brücke überqueren, die Bibione mit der Welt verbindet, die diese Adria-Insel an das Festland annähert. Man muss nur den kleinen Sträßchen folgen, denen noch das Flair der Vergangenheit, der bäuerlichen Welt von einstmals anhaftet. Man muss nur am Feldrand stehen bleiben, auf die Dämme steigen und dem scheinbar still stehenden Wasser eines Kanals folgen oder weiterlaufen und zu anderen Feldern und dann zu anderen Stränden gelangen.
Dies ist ein ganz eigenen Reich, vielleicht nicht für alle geschaffen, aber genau das Richtige für diejenigen, die es nach stiller Einfachheit verlangt, die eine Pause vom Strandleben brauchen, die ohne Hast mit dem Fahrrad fahren möchten, die sich in vielen kleinen Details verlieren, Bibione von einem ganz anderen Blickwinkel kennen lernen wollen
Hier im Terzo Bacino scheint das Leben einem anderen Rhythmus zu folgen, dem Rhythmus der Natur, so wie ich es mache, die ich mich im Wind wiege, das Sonnenlicht aufsauge, mich im Herbst Rot färbe, um dann zu fallen und mit dem nächsten Frühjahr von Neuem zu erstehen.